Krank zur Arbeit: Das Phänomen Präsentismus

Was ist der Präsentismus?

Unter dem Begriff des Präsentismus versteht man das Verhalten eines Arbeitnehmers krank zur Arbeit zu erscheinen, obwohl eine Krankmeldung vorliegt bzw. eine Krankheit erkennbar ist. Dabei gelten vor allem eine fehlende Krankheitseinsicht oder Symptomaufmerksamkeit als Hauptgründe für den Präsentismus.

Wie verbreitet dieser Präsentismus ist, zeigen neueste Studien. Mehr als zwei Drittel der Arbeitnehmer gehen entgegen dem Rat eines Arztes krank zur Arbeit. Außerdem ist festzustellen, dass die Bereitschaft zum Präsentismus mit dem beruflichen Status steigt. Besonders in den Berufsgebieten der personenbezogenen Dienstleistungen, wie dem Gesundheitswesen, der Gebäudetechnik, der Logistik sowie lehrenden und ausbildenden Berufen, ist der Präsentismus stark verbreitet.

Warum gibt es den Präsentismus?

Die Gründe, weshalb Arbeitnehmer zum Präsentismus neigen und trotz Krankheit in die Arbeit gehen, sind vielfältig und individuell abhängig. So haben viele Beschäftigte oftmals ein Pflichtgefühl oder ein schlechtes Gewissen gegenüber ihrem Arbeitgeber und befürchten bei krankheitsbedingten Fehltagen berufliche Nachteile oder Konsequenzen, wie den Verlust des Arbeitsplatzes.

Weiterhin besteht bei vielen Arbeitnehmern die Angst, als faul wahrgenommen zu werden. Ein weiterer entscheidender Grund ist das Vermeiden von Mehrarbeit für die Kollegen, welche aufgrund des krankheitsbedingten Fehlens anfallen würde. Hinter diesen Gedanken steckt meist eine ergebnisorientierte Projektarbeit im Unternehmen, welche durch hohen Termin- und Leistungsdruck gekennzeichnet ist. So spielt in diesem Fall eine hohe Arbeitsintensität, Arbeitsverdichtung oder auch durchgängige Unterbesetzung eine entscheidende Rolle.

Darüber hinaus kann auch die allgemeine Unternehmenspolitik ein entscheidender Faktor für den Präsentismus sein. Als ausschlaggebende Punkte können eine strikte Abwesenheitspolitik sowie eine schwierige Kundenstruktur fungieren.

Als weiterer Faktor kann eine emotionale Verbundenheit eines Arbeitnehmers mit seinem Arbeitgeber agieren. Aufgrund einer hohen Arbeitszufriedenheit und eines hohen Arbeitsengagements gehen Arbeitnehmer trotz einer Krankheit weiterhin ihrer Arbeit nach.

Nachteile und Auswirkungen des Präsentismus

Studien zeigen, dass das Phänomen des Präsentismus in Deutschland weit verbreitet ist und in manchen Berufsfeldern bereits vollständig etabliert ist. Um diese Entwicklung zu stoppen und mehr Bewusstsein für die eigene Gesundheit zu schaffen, sollte sich jedes Unternehmen bzw. jeder Arbeitnehmer über die kurz- und langfristigen Folgen und Auswirkungen informieren.

Quält sich der Arbeitnehmer krank zur Arbeit besteht die Gefahr, die Krankheit zu verschleppen und damit Lungen- oder auch Herzmuskelentzündungen zu riskieren. Aber auch die Gefahr der Chronifizierung von Krankheiten steigt enorm. Eine einhergehende dauerhafte Gefährdung der Gesundheit wäre also eine denkbare Auswirkung des Präsentismus. Außerdem kann es durch das häufige Durchführen von Präsentismus vorkommen, dass Arbeitnehmer früher aus der Arbeitswelt ausscheiden.

Neben der Gefährdung und Belastung der eigenen Gesundheit kann der Präsentismus auch für Kollegen oder dritte Parteien (z.B. Kunden, Partner etc.) Auswirkungen haben. So sind die Kollegen oder Kunden der Ansteckungsgefahr des kranken Mitarbeiters chancenlos ausgesetzt. Für den kranken Beschäftigten selbst kann der Präsentismus zu einer verringerten Produktivität, zu einer erhöhten Fehleranfälligkeit und einer höheren Unfallgefahr führen, welche letztendlich auch für Kollegen und Dritte riskant werden kann.

Diese Auswirkungen und Folgen sind nicht nur Risikofaktoren für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer und weiteren Personenkreisen eines Unternehmens, sondern sorgen auch für einen erheblichen Kostenfaktor für das Unternehmen.

Prävention von Präsentismus

Um den Präsentismus im Unternehmen einzudämmen bzw. gar nicht erst etablieren zu lassen, ist ein konsequentes Zusammenarbeiten des Arbeitgebers und Arbeitnehmers notwendig. Nur wenn beide Parteien an einem Strang ziehen, ist die Prävention von Erfolg gekrönt.

 

Mögliche Präventionsmaßnahmen für Unternehmen:

Unternehmen können eine Unternehmenskultur schaffen, welche auf Wertschätzung und Sicherheit bzw. auf die Gesundheit der Mitarbeiter ausgelegt ist. Dahingehend kann eine Verhältnisprävention des Präsentismus durch folgende Punkte durchgeführt werden:

    • Faire Arbeitsverträge
    • Realistische Zielvereinbarungen
    • Vertretungsregelungen
    • Gute Aufgabenverteilung
    • Faire Leistungsvorhaben
    • Dialogbereitschaft

 

Weiterhin ist auch eine Verhaltensprävention durch folgende Punkte möglich:

    • Verbesserung und Förderung des Gesundheitswissens, -bewusstseins und der Gesundheitskompetenz bei Beschäftigten durch Coachings, Seminare und Aktivitäten
    • Klare Kommunikation zum Präsentismus im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements
    • Ausbildung von Gesundheitspartnern im Betrieb (Gesundheitspartner sind speziell geschulte Beschäftigte, die einen Blick auf die Gesundheit der Kollegen haben und als vertrauensvolle Ansprechpartner fungieren)

Im Rahmen der durchführenden Präventionsmaßnahmen sollten auch die Führungskräfte selbst ein anvisiertes Verhalten an den Tag legen. Diese tragen nämlich einen bedeutenden Teil für ein gesundheitsförderliches Arbeitsumfeld bei und schaffen dadurch eine Sensibilisierung der Mitarbeiter für das Thema.

Mögliche Präventionsmaßnahmen für Arbeitnehmer:

Jeder Arbeitnehmer sollte in der Lage sein, seine eigenen gesundheitlichen Grenzen beachten zu können. Folgende Fragen helfen bei der Entscheidungsfindung, ob trotz Krankheit gearbeitet werden kann oder nicht:

    • Bin ich körperlich und geistig in der Lage, meine Arbeit auszuführen?
    • Bin ich ansteckend?
    • Besteht die Gefahr, dass sich die Krankheit aufgrund meiner Arbeit verschlimmert?

Neben der eigenen Beantwortung dieser Fragen ist die Einholung eines Rates durch den Arzt sicherlich hilfreich. Bei der Beurteilung der gesundheitlichen Situation sollte immer die Art der Beeinträchtigung bzw. der Arbeitsplatz in die Entscheidung eingebunden werden. Gefährlich kann es für den Beschäftigten werden, wenn dieser regelmäßig gegen den ärztlichen Rat weiterarbeitet oder trotz erheblicher Symptome gar nicht erst zum Arzt geht. Dabei kann der Heilungsprozess der Krankheit gestört werden und langfristige gesundheitliche Probleme auftreten.

Allgemein wird empfohlen, bei Krankheit oder Erkältungen auf starke körperliche Anstrengungen in der Arbeit zu verzichten. Außerdem eignen sich für Arbeiten mit Erkältungssymptomen feucht-kalte Räume besser als warme, trockene Räume. Am besten sind bei Erkältungen allerdings leichte Arbeiten an der frischen Luft.

Regeln und Tipps bei Krankheit am Arbeitsplatz

Ist die Krankheit nicht zu schlimm und auch nach Rücksprache mit dem Arzt ein Weiterarbeiten möglich, ist folgende Etikette am Arbeitsplatz zu beachten:

    • Lautes Naseputzen außerhalb des Raumes
    • Benutzte Taschentücher in einen geschlossenen Mülleimer
    • Niesen in die Armbeuge
    • Kein ständiges Beklagen über den schlechten Gesundheitszustand
    • Regelmäßig ordentlich Durchlüften
    • Mittagspause für kleinen Spaziergang nutzen
    • Erkältungstee trinken
    • Passende Kleidung tragen

Macht die Krankheit eine Arbeit unmöglich sind ebenfalls einige Punkte zu beachten:

    • Rechtzeitig krankmelden
    • Ärztliches Attest ab dem vierten Krankheitstag einreichen
    • Dem Körper Ruhe und Zeit geben

Allgemeine Vorkehrungen für Krankheit

Gerade in der aktuellen Grippezeit sind bestimmte Vorkehrungen und Tipps hilfreich, um die Gefahr einer Ansteckung eindämmen zu können. Neben der Empfehlung zur Grippeschutzimpfung ist regelmäßige und richtige Handhygiene wichtig.

Im Unternehmen selbst kann ein funktionierendes betriebliches Wiedereingliederungsmanagement (BEM) helfen. Bei einer Arbeit im Büro sind intensives Lüften und eine hohe Flüssigkeitsaufnahme zu empfehlen, da die Schleimhäute durch Heizungen sonst schnell austrocknen und somit einen Nährboden für Erreger bilden würden.

Ruhe und Erholung statt Präsentismus

Schlägt eine Erkältung, die Grippe oder eine anderweitige Krankheit zu und der Arzt attestiert Arbeitsruhe ist es sehr zu empfehlen, dieser gerecht zu werden. Der Körper benötigt gerade in dieser Zeit Ruhe und Erholung, um gegen die Erreger ankämpfen zu können.

Es gibt auch keinen Grund, sich für ein krankheitsbedingtes Fehlen rechtfertigen zu müssen oder ein schlechtes Gewissen zu haben. Jedes Unternehmen sollte dafür sorgen, dass die Mitarbeiter ein Bewusstsein für ihre Gesundheit und Sicherheit aufbauen und damit erst gar kein Hang zum Präsentismus entsteht.



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